BGH akzeptiert Vertragsmodell in E-Mobility-App

10. Juni 2025 um 11:21 von

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte einen E-Mobility-Provider in mehreren Punkten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Beim BGH ging es dann nur noch um die Frage, ob die vom Provider angebotene App hinsichtlich der Lieferung von Ladestrom ein Dauerschuldverhältnis begründe mit der Folge, dass Preisanpassungen hinsichtlich Form und Frist den Anforderungen des § 41 Abs. 5 EnWG genügen müssen. Das beklagte Unternehmen hatte geltend gemacht, es biete mit der App gegen Zahlung eines monatlichen Grundpreises die Anzeige verfügbarer eigener und Partner-Ladestationen, deren Freischaltung und eine monatliche Abrechnung des bezogenen Stroms an. Der Ladevorgang selbst sei davon unabhängig. Hier komme – ähnlich wie beim Tanken von Benzin – jeweils ein separater Vertrag auf Grundlage des an der Ladestation angezeigten Preises zustande.

Diese Sichtweise hat der BGH mit Urteil vom 13.05.2025 (EnZR 24/24) bestätigt. Mit der App würden diverse Dienstleistungen, aber nicht der Strombezug selbst angeboten, so dass § 41 EnWG keine Anwendung finde. Darüber hinaus hat der BGH aber auch der in der Literatur zum Teil vertretenen Rechtsfigur eines „Letztverbrauchers hinter dem Letztverbraucher“ eine Absage erteilt. Letztverbraucher im Sinne des § 3 Nr. 25 EnWG seien nur die Betreiber der Ladepunkte für Elektromobile, nicht aber die Fahrer der E-Fahrzeuge, die die Station zum Laden nutzen. Der zwischen dem Fahrer und dem Betreiber der Ladestation zustande kommende Vertrag sei kein Energieliefervertrag im Sinne des EnWG. Für Preisangaben gelten deswegen nur die Informationspflichten nach § 14 Abs. 2 PAngV, nicht aber diejenigen des EnWG.

Frohe Festtage …

23. Dezember 2024 um 18:13 von

… und einen guten Start ins neue Jahr wünschen Höch und Partner Rechtsanwälte.

Weihnachtgruß

 

Das Ende der Kundenanlagen!?!

28. November 2024 um 13:52 von

Mit Entscheidung vom heutigen Tag (28.11.2024) hat der EuGH (C‑293/23) festgestellt, dass zur Bestimmung eines Verteilernetzes nach nationalem Recht keine anderen Eigenschaften herangezogen werden dürfen als das Kriterium der Spannungsebene und das Kriterium der Kategorie von Kunden, an die der Strom weitergeleitet wird. Hinfällig sind demnach alle weiteren Abgrenzungsmerkmale, wie sie  in § 3 Nr.24a und 24b EnWG normiert sind. Der EuGH führt wörtlich aus:

„Dagegen sind weder der Zeitpunkt, zu dem ein solches Netz errichtet worden ist, noch der Umstand, dass der übertragene Strom in einer Kundenanlage in dem spezifischen Sinne, den die nationalen Rechtsvorschriften diesem Begriff beimessen, erzeugt wurde, noch der Umstand, dass ein solches Netz von einem privaten Rechtsträger betrieben wird und an dieses eine begrenzte Zahl von Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten angeschlossen ist, noch seine Größe oder sein Stromverbrauch insoweit maßgebliche Kriterien, da der Unionsgesetzgeber nicht bestimmte Verteilernetze aufgrund solcher Kriterien vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen wollte (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Oktober 2019, Elektrorazpredelenie Yug, C‑31/18, EU:C:2019:868, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Ebenso wenig sind der Umstand, dass der weitergeleitete Strom in einem Blockheizkraftwerk erzeugt wird, oder der Umstand, dass die Anlagen, die dieser Weiterleitung dienen, jedem unentgeltlich zur Verfügung stehen, insoweit maßgebliche Kriterien, da der Unionsgesetzgeber die Methode zur Erzeugung des weitergeleiteten Stroms oder den Tarif für die Nutzung der betreffenden Infrastruktur nicht als Kriterien herangezogen hat, um zu bestimmen, ob ein Verteilernetz vorliegt.“

[EuGH (C‑293/23), Tz. 54, 55]

Welche konkreten Folgen aus der Entscheidung abzuleiten sind und wie es weitergeht, wird zunächst der BGH (EnVR 83/20) entscheiden müssen. Man darf auf diese Entscheidung sowie auf die erwartbar nachfolgenden gesetzgeberischen Aktivitäten gespannt sein. Zudem wird sich zeigen (müssen), wie mit vorhandener Infrastruktur in bisherigen Kundenanlagen umzugehen ist.

Link zur Entscheidung: ECLI:EU:C:2024:992

 

BGH zu Ersatzbelieferungen

25. November 2024 um 12:02 von

Mit Urteil vom 17.09.2024 (Az. EnZR 57/23) hat sich der BGH erstmals mit der Frage nach dem Umgang mit von einem kurzfristigen Lieferantenausfall betroffenen Letztverbrauchern beschäftigt, die wegen eines Strombezugs in höheren Spannungsebenen nicht in den Anwendungsbereich der Grund- und Ersatzversorgung gemäß §§ 36, 38 EnWG fallen. Gegenstand der Entscheidung war insbesondere die richtige bilanzielle Zuordnung der betreffenden Marktlokationen und die sich daran anschließende Frage, welcher Lieferant die Marktlokationen beliefert.

Der BGH hat unter Bezugnahme auf die Vorgaben der GPKE entschieden, dass entweder eine Meldung an den Ersatzbelieferer zu veranlassen oder der Netzanschluss zu unterbrechen sei. Da die betreffenden Letztverbraucher in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall keine vertragliche Vereinbarung mit einem Ersatzbelieferer getroffen hatten und eine sofortige Sperrung des Anschlusses nach den Feststellungen des BGH zum einen nur mit einem gewissen Zeitaufwand möglich sei und zum anderen ohnehin nur als Ultima Ratio in Betracht komme, bedürfe es – so der BGH – jedenfalls für eine zur Umsetzung der Sperrung erforderliche Übergangszeit einer Bilanzkreiszuordnung der betroffenen Marktlokationen. Diese Zuordnung müsse der Netzbetreiber diskriminierungsfrei nach sachlichen Kriterien vornehmen. Dabei müsse er insbesondere die Netzstabilität, die Versorgungssicherheit und sonstige Interessen der betroffenen Letztverbraucher berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund sei es sachlich gerechtfertigt, wenn ein Netzbetreiber die lieferantenlosen Marktlokationen in höheren Spannungsebenen einem Energieversorgungsunternehmen zuordne, das aus seiner Sicht nach den vorstehenden Kriterien voraussichtlich am besten in der Lage sei, die Versorgung des jeweiligen Letztverbrauchers kurzfristig sicherzustellen. Dies gälte nicht nur bei einer bereits erfolgten Beendigung der Belieferung des Letztverbrauchers durch seinen Vertragslieferanten, sondern auch dann, wenn der alte Liefervertrag noch einige Tage weiterlaufe. In dem letztgenannten Fall sei die betreffende Marktlokation übergangsweise auch über das Vertragsende hinaus weiterhin dem Altlieferanten zuzuordnen. Dieser wisse aufgrund des bestehenden Lieferverhältnisses regelmäßig, wer sein Schuldner sei, und könne daher zivilrechtliche Ansprüche leichter durchsetzen. Zudem werde die letzte rechtliche Lieferbeziehung während eines vertragslosen Zustands durch weitere Stromentnahmen faktisch nahtlos fortgeführt.

Im Ergebnis hat der BGH dem Netzbetreiber damit ein Wahlrecht im Sinne eines Auswahlermessens eingeräumt, dieses Ermessen aber gleichzeitig für die Konstellationen, in denen ein Letztverbraucher zum Zeitpunkt des Ausfalls seines (neuen) Lieferanten noch von einem Altlieferanten versorgt wird, auf null reduziert. Zwar hatte die BGH-Entscheidung einen Sachverhalt zum Gegenstand, in dem die „lieferantenlosen“ Kunden in der Mittelspannung versorgt wurden. Der BGH bezieht sich in seinen Ausführungen aber nicht nur auf die Mittelspannung, sondern auf höhere Spannungsebenen im Allgemeinen, weshalb es keinen Unterschied machen dürfte, ob ein Letztverbraucher in der Mittel- Hoch- oder Höchstspannungsebene Strom bezieht. Für den Umfang mit höheren Druckebenen im Gasbereich dürfte die Entscheidung ebenfalls von Bedeutung sein.

Die BGH-Entscheidung hat zumindest für einen Teil der seit Jahren diskutierten Fragen im Zusammenhang mit der kurzfristigen Notfallversorgung außerhalb des Anwendungsbereichs von §§ 36, 38 EnWG Klarheit gebracht. Es stellt sich aber nach wie vor die Frage, wie die Belieferung der Letztverbraucher durch den nach den vorstehenden Kriterien bestimmten „Notfalllieferanten“ dogmatisch einzuordnen ist und welche Preise der Lieferant für den Übergangszeitraum gegenüber dem Letztverbraucher abrechnen kann. Beide Fragen hatte der BGH in seinem Urteil vom 17.09.2024 nicht zu entscheiden. Insofern bleibt also die weitere Entwicklung abzuwarten.

Biogas: 10 Jahre sind 10 Jahre! – vermiedene Netzentgelte Gas

31. Oktober 2024 um 16:40 von

Update: 

In unserem unten stehenden Artikel hatten wir über eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund berichtet, wonach der Anspruch des Anlagenbetreibers auf Auszahlung eines vermiedenen Netzentgeltes Gas nach § 20a GasNEV auf zehn Jahre ab Inbetriebnahme befristet ist. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG Düsseldorf durch Urteil vom 21.10.2024 zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Ursprünglicher Beitrag:

Das Landgericht Dortmund hat mit Urteil vom 20.09.2023 die Klage eines Biogaserzeugers zurückgewiesen, der die Fortzahlung des vermiedenen Netzentgelts in Höhe von 0,7 ct/kWh auf Grundlage von § 20a GasNEV auch über einen Zeitraum von 10 Jahren ab Inbetriebnahme hinaus begehrt hatte. Der Wortlaut des Gesetzes „für 10 Jahre ab Inbetriebnahme des jeweiligen Netzanschlusses“ ist nach Auffassung des Landgerichts eindeutig als zeitliche Befristung des Entgeltanspruchs zu verstehen. Die Versuche des klagenden Anlagenbetreibers, die Regelung in eine Mindestfrist umzudeuten, überzeugten das Landgericht nicht.

Dem klagenden Biogasbetreiber hat es auch nicht geholfen, dass seine Anlage zeitlich vor Einführung der 10jährigen Befristung in § 20a GasNEV in Betrieb genommen worden war. Die gesetzliche Änderung aus dem Jahr 2010, mit der die Befristung eingeführt worden war, regele die Auszahlung des vermiedenen Netzentgelts für in der Zukunft liegende Zeiträume neu, namentlich ab dem Jahr 2019, nachdem die Biogasanlage im konkreten Streitfall in 2009 in Betrieb genommen worden war. Damit entfalte die Verordnungsänderung lediglich eine unechte Rückwirkung, weswegen sie verfassungsrechtlich unbedenklich sei.

Anders als das Landgericht Augsburg in einer älteren Entscheidung aus 2018 sah das Landgericht Dortmund im konkreten Fall auch keinen vertraglichen Zahlungsanspruch gegen den Netzbetreiber als gegeben. Die vertragliche Vereinbarung dokumentiere hinreichend eindeutig, dass keine zusätzlichen, über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Zahlungsansprüche geschaffen werden sollten.

Die Entscheidung des Landgerichts Dortmund ist noch nicht rechtskräftig.