Akteneinsicht im Kartellverfahren
Kartelle sind schädlich – das entspricht der allgemeinen Auffassung, weswegen der europäische und der deutsche Gesetzgeber in den letzten Jahren mehrfach die Kartellbekämpfung vereinfacht haben. Ein zentrales Element ist dabei die erleichterte Durchsetzung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche gegen Kartellanten. Diese können zumeist Akteneinsicht in die bei den Kartellbehörden geführten Ermittlungsakten beantragen, um auf diese Weise die notwenigen Informationen zur Vorbereitung einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage zu sammeln.
Jetzt hatte sich das OLG Frankfurt mit einem Akteneinsichtsantrag in einem Fall zu befassen, in dem es nicht um ein Hardcore-Kartell, sondern um einen angeblich überhöhten Trinkwasserpreis ging. Die Landeskartellbehörde hatte ein Kartellverfahren eingeleitet, weil der Trinkwasserpreis des Versorgungsunternehmens angeblich in missbräuchlicher Weise überhöht war. Das Unternehmen hatte im Verwaltungsverfahren pflichtgemäß Auskunft gegeben. Das Kartellverwaltungsverfahren endete dann mit einer sog. Verpflichtungszusage, was einem Vergleich ähnelt. Die Kartellbehörde hat die Zusage des Unternehmens akzeptiert, die Wasserpreise ab dem Jahr 2014 um 20 % zu senken, und das Kartellverfahren sodann eingestellt. Ursprünglich war die Kartellbehörde von einer Überhöhung der Preise um 39 % ausgegangen.
Beim OLG Frankfurt ging es dann um das Akteneinsichtsgesuch des Hauseigentümers, der jahrelang vermeintlich überhöhte Wasserpreise gezahlt hatte. Er hat angekündigt, das Wasserversorgungsunternehmen auf Schadensersatz verklagen zu wollen und brauchte hierfür die Informationen aus dem Verwaltungsverfahren.
In einer Entscheidung von Anfang September dieses Jahres verneinte das OLG Frankfurt zwar einen zwingenden Anspruch des Kunden. Allerdings bestehe ein Anspruch gegen die Behörde, über den Akteneinsichtsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Insbesondere könne auch die Absicht, eine zivilrechtliche Schadenersatzklage zu erheben, ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht begründen. Dies sei dann ggf. mit den Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens abzuwägen. Diese Abwägung hatte die Kartellbehörde bislang in rechtswidriger Weise nicht vorgenommen, weswegen das OLG Frankfurt die Verfügung der Kartellbehörde, mit der die Akteneinsicht verweigert worden war, aufgehoben hat.