Das Landgericht Offenburg hat am 22.07.2015 ein Urteil gefällt, das erhebliche praktische Relevanz für die Netzentgeltabrechnung in sog. Pooling-Sachverhalten haben könnte. Konkret ging es um die in Pooling-Fällen oftmals schwierige Frage, wann eine kundenseitige galvanische Verbindung im Sinne von § 17 Abs. 2a Nr. 4 StromNEV vorliegt. Hier wird zum Teil eine streng technische Auffassung vertreten, wonach eine galvanische Verbindung nur dann besteht, wenn die Verbindung über elektrisch leitfähiges Material hergestellt wird. Im Fall des Landgerichts Offenburg war allerdings der nachgelagerte Netzbetreiber „nur“ über mehrere Umspannwerke mit dem Hochspannungsnetz des vorgelagerten Netzbetreibers verbunden. Es lag also auf der Umspannebene keine galvanische Verbindung im technischen Sinne vor.
Der vorgelagerte Netzbetreiber als Kläger im Rechtsstreit hatte die Anwendung der Pooling-Regeln verweigert und den Differenzbetrag zwischen dem sich ohne Anerkennung der Pooling-Regeln ergebenden Netzentgelt und dem von der Beklagten unter Anwendung der Pooling-Regeln anerkannten Netzentgelt gerichtlich geltend gemacht.
Das Landgericht Offenburg hat der Klage stattgegeben. § 17 Abs. 2a Nr. 4 StromNEV sei aufgrund des Wortlauts eindeutig und verlange eine galvanische Verbindung. Diese liege hier nicht vor. Eine über den Wortlaut hinausgehende großzügigere Auslegung komme nicht in Betracht.
Allein schon wegen dieser Gesetzesauslegung hätte die Entscheidung Aufmerksamkeit verdient. Was das Offenburger Urteil für die Praxis so bedeutsam macht, sind jedoch die weiteren Ausführungen des Landgerichts: Danach gibt es nämlich keinen sachlichen Grund, die Fälle einer galvanischen Verbindung und einer induktiven Verbindung über Transformatoren ungleich zu behandeln. Von daher verstoße § 17 Abs. 2a Nr. 4 StromNEV in seiner zweiten Alternative gegen das Diskriminierungsverbot und sei mithin insgesamt unwirksam. Nach dieser Logik kommt also ein Pooling selbst dann nicht in Betracht, wenn eine galvanische Verbindung in einem streng technischen Sinne vorliegt. Die einzig verbleibende Möglichkeit für ein zulässiges Pooling ist demnach, dass die Entnahmestellen Bestandteil desselben Netzknotens sind, § 17 Abs. 2a Nr. 4 erste Alternative StromNEV.
Die Entscheidung, die nicht rechtskräftig ist, wirft für die Praxis erhebliche Fragen auf. Denn ob die Pooling-Regeln zur Anwendung kommen oder nicht, hat auf die Höhe der zu zahlenden Netzentgelte oft eine ganz erhebliche Auswirkung. Von daher werden sich alle Netzbetreiber mit der Frage befassen müssen, ob aufgrund ihrer individuellen Anschlusssituation im Lichte der Entscheidung des Landgerichts Offenburg Ansprüche des vorgelagerten Netzbetreibers auf sie zukommen können und wie ggf. eigene Forderungen gegen nachgelagerte Netzbetreiber oder industrielle Endkunden gesichert werden können.