Bezugsstrompreis bei kaufmännisch-bilanzieller Weitergabe; Darlegungslast für Strom-mengenabrechnung

21. November 2023 um 12:33 von

Ein und dieselbe Strommenge aus einer EEG-Anlage kann – in der realen Welt – nicht gleichzeitig selbst verbraucht und zusätzlich noch dem Netzbetreiber überlassen werden. Aus diesem Grund entspricht es seit jeher der Branchenpraxis, dass im Fall einer kaufmännisch-bilanziellen Weitergabe (§ 11 Abs. 2 EEG 2023) von EEG-Erzeugungsmengen, die fiktiv in das Netz eingespeist und dem Netzbetreiber übereignet werden, für die Zwecke des Bilanzkreissystems und der vertrieblichen Abrechnung eine gegenläufige fiktive Ausspeise- und Liefermenge berücksichtigt wird.

Ob für solche rein fiktiven Stromlieferungen der betreffende Lieferant – neben dem Netto-Produktpreis und den eigentlichen Netzentgelten (hierzu bereits BGH, Beschl. v. 27.03.2012 – EnVR 8/11; Beschl. v. 12.07.2013 – EnZR 73/12) – auch die jeweiligen Umlagen gemäß EEG, KWKG, § 17f EnWG, § 19 Abs. 2 StromNEV, § 18 AbLaV sowie die Konzessionsabgaben von dem EEG-Anlagenbetreiber/Letztverbraucher verlangen kann, stand in zwei parallelen Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf in Streit. In seinen beiden Urteilen vom 26.10.2023 (Az. 14d O 1/18 u. 14d O 10/19 – noch nicht rechtskräftig) hat das Gericht diese Frage nunmehr bejaht und sinngemäß wie folgt begründet:

Da der Normzweck der kaufmännisch-bilanziellen Weitergabe allein darauf beschränkt sei, die volkswirtschaftlich unsinnigen Kosten für einen separaten (reinen) Einspeiseanschluss zu vermeiden, müsse sich der EEG-Anlagenbetreiber in jeder anderen Hinsicht wie bei einer physikalischen Einspeisung samt gegenläufigem (Netz‑)Bezug seiner Bedarfsmengen behandeln lassen. Wenn unter Geltung der so verstandenen Gesetzesbestimmung zur kaufmännisch-bilanziellen Weitergabe ein Stromliefervertrag geschlossen werde, dessen Preisregelung nicht zwischen physikalischer und fiktiver Lieferung differenziere, werde der vereinbarte Vertragspreis mit seinen sämtlichen Bestandteilen auch für die nur fiktiv gelieferten/bezogenen Strommengen geschuldet.

Aufschlussreich sind die beiden Urteile ferner bezüglich der Frage, wer im Rückforderungsprozess zwischen Letztverbraucher und Stromlieferant die Darlegungslast für das zutreffende Mengengerüst der Lieferabrechnungen trägt:

So führt nach dem dortigen obiter dictum des Landgerichts Düsseldorf jedenfalls dann, wenn der Stromliefervertrag die Zulässigkeit einer Zahlungsverweigerung (entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV) auf Fälle offensichtlicher Abrechnungsfehler oder einer klärungsbedürftigen Verdoppelung des Verbrauchsumfangs beschränkt, eine Zahlung unter pauschalem Vorbehalt im Zweifel nicht zu einer vollständigen Umkehr der Darlegungslast zulasten des Lieferanten. Vielmehr obliege es demnach auch im Rückforderungsprozess zunächst dem Letztverbraucher, konkrete Fehleranzeichen darzulegen, um dadurch eine eigene (sekundäre) Darlegungslast des Lieferanten zu begründen.

Die Nutzung einer PV-Anlage als Gebäudestromanlage nach § 42b EnWG-E

14. September 2023 um 11:05 von

Zukünftig (Gesetzentwurf vom 18.08.2023) soll eine PV-Anlage als „Gebäudestromanlage“ zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung betrieben werden können (§ 42b EnWG-E). Dazu wird zwischen Anlagenbetreiber und Mieter (teilnehmender Letztverbraucher) ein  Gebäudestromnutzungsvertrag“ abgeschlossen, in welchem ein Aufteilungsschlüssel (statisch oder dynamisch) und die Höhe des Strompreises in ct/kWh für die Lieferung aus der PV-Anlage vereinbart wird. Als Bürokratieerleichterung müssen in dem Vertrag nicht die Mindestinhalte eines Stromliefervertrags nach § 41 Abs. 1 bis 4 EnWG berücksichtigt werden.

Darüber hinaus darf vereinbart werden, wer für den Betrieb, die Erhaltung und die Wartung der gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage und die Kostentragung verantwortlich ist. Damit dürfte alternativ zu einer Regelung als sonstige Betriebskostenumlage eine anteilige Beteiligung der teilnehmenden Letztverbraucher an Wartungskosten möglich sein.

Der Anlagenbetreiber ist im Gegensatz zum Mieterstrom nicht verpflichtet, die Reststrombelieferung des Mieters sicherzustellen, dieser darf (weiterhin) einen Liefervertrag bei einem Lieferanten seiner Wahl für den Reststrom abschließen. Der Mieter ist aber über (mehrtägigen) Ausfall und Wiederinbetriebnahme der Anlage zu informieren.

Die Stromabrechnung wird erleichtert, da die Mindestangaben nach § 40 EnWG sowie unterjährige (monatliche) Abrechnungen nicht angeboten werden müssen.

Die Zuteilung der Strommenge erfolgt grundsätzlich rechnerisch. Maßgeblich hierbei sind die jeweils in demselben 15-Minuten-Zeitintervall durch die Gebäudestromanlage erzeugte Strommenge, der Verbrauch der teilnehmenden Letztverbraucher und der Aufteilungsschlüssel (§ 42b Abs. 5 EnWG-E). Der Betreiber der Gebäudestromanlage hat dem zuständigen Verteilernetzbetreiber den Aufteilungsschlüssel mitzuteilen. Die rechnerisch aufteilbare Strommenge begrenzt ist auf die Strommenge, die innerhalb eines 15-Minuten-Zeitintervalls in der Solaranlage erzeugt oder von allen teilnehmenden Letztverbrauchern verbraucht wird, je nachdem welche dieser Strommengen geringer ist. Dies bedeutet, dass in das Verteilnetz eingespeiste Mengen nicht auf die Mieter verteilt und abgerechnet werden dürfen.

Die einem einzelnen teilnehmenden Letztverbraucher im Wege der rechnerischen Aufteilung innerhalb eines 15-Minuten-Zeitintervalls zuteilbare Strommenge ist allerdings auch begrenzt auf die durch ihn in diesem Zeitintervall verbrauchte Strommenge. Fraglich ist damit, ob in der Konsequenz (doch) sämtliche Verbräuche der teilnehmenden Letztverbraucher in 15-Minuten-Intervallen mittels eines intelligenten Messsystems (iMSys; smart meter) oder leistungsgemessen (RLM) werden müssen.

EEG-Umlage sinkt

16. Oktober 2018 um 12:04 von

hand-517114_1280Nachdem sich die EEG-Umlage in den zurückliegenden Jahren eigentlich nur in eine Richtung verändert hat – nach oben (lediglich in 2015 und 2018 sank die Umlage um jeweils weniger als 0,1 ct/kWh gegenüber dem Vorjahr) – ist jetzt erstmals ein kräftigerer Rückgang zu verzeichnen. Die Übertragungsnetzbetreiber haben die EEG-Umlage auf Grundlage des EEG und der Erneuerbare-Energien-Verordnung für das Jahr 2019 für den nicht privilegierten Letztverbrauch auf 6,405 ct/kWh festgelegt nach zuvor 6,792 ct/kWh im laufenden Kalenderjahr.

Damit ist gegenüber dem bisherigen Rekordwert des Jahres 2017 (6,88 ct/kWh) ein Rückgang von knapp 0,5 ct/kWh erreicht. Zugleich hat sich allerdings die EEG-Umlage gegenüber dem Jahr der ersten Erhebung (2010: 2,047 ct/kWh) mehr als verdreifacht. Ursache hierfür sind die nach wie vor hohen Zahlungen an Anlagenbetreiber, die die Verteilernetzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber nach dem EEG zu leisten haben. Die ÜNB prognostizieren in ihrem Bericht zur Ermittlung der EEG-Umlage 2019 Kosten aus dem EEG für das Kalender 2019 in Höhe von knapp 27 Mrd. €. Dem stehen Erlöse in Höhe von gut 2 Mrd. € gegenüber. Die Deckungslücke ist durch die EEG-Umlage aufzubringen, die jetzt auf 6,405 ct/kWh festgelegt wurde.

EU-Kommission genehmigt EEG-Entlastung von Bestandsanlagen zur Eigenversorgung – KWK-Neuanlagen verlieren hingegen ab 1.1.2018 zunächst ihre Privilegierung

19. Dezember 2017 um 17:59 von

money-73341_640Die Europäische Kommission hat heute eine beihilferechtliche Genehmigung gegenüber der Bundesregierung erteilt, die mehrere Befreiungen bzw. Ermäßigungen für verschiedene Anlagen zur Elektrizitäts-Eigenversorgung genehmigt.

Konkret hat die EU-Kommission heute die Befreiungen bzw. Ermäßigungen der EEG-Umlage für Bestandsanlagen zur Eigenversorgung (d.h. Inbetriebnahme vor August 2014) genehmigt sowie für neue Eigenversorgungsanlagen (d.h. Inbetriebnahme seit August 2014) die erneuerbare Energien nutzen und schließlich für kleine Anlagen zur Eigenversorgung. Für diese Anlagen existierte eine geltende beihilferechtliche Genehmigung. Diese läuft zum Ende des Jahres aus, so dass ein neues Genehmigungsverfahren erforderlich war.

KWK-Neuanlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb genommen wurden, sind hingegen nicht von der Genehmigungsentscheidung erfasst. Die Regelung für die Begrenzung der EEG-Umlage auf 40% für KWK-Neuanlagen endet damit zum 31.12.2017, da am 31.12.2017 die bestehende beihilferechtliche Genehmigung für diese Anlagen endet. Für die betroffenen Anlagen wird damit ab dem 1.1.2018 die volle EEG-Umlage fällig. Das Bundeswirtschaftsministerium strebt eine Neuregelung für KWK-Neuanlagen an. Eine solche Neuregelung bedeutet eine gesetzliche Neuregelung und Anpassung des EEG, die dann erst im kommenden Jahr erfolgen kann. Auch muss eine solche gesetzliche Änderung dann wiederum von der EU-Kommission genehmigt werden. Ob bei einer solchen gesetzlichen Neuregelung auch ein rückwirkendes Inkrafttreten ab 1.1.2018 möglich ist, muss im weiteren Prozess erst noch zwischen Bundeswirtschaftsministerium und EU-Kommission abgestimmt werden.

Nähere Informationen finden Sie auf der Website der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-5366_en.htm sowie auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums: http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Medienraum/medienraum.html

Im Einzelnen:

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz beinhaltet verschiedene Privilegierungen hinsichtlich der Höhe der zu leistenden EEG-Umlage für Strom-Eigenversorger. Diese Regelungen waren bis zum 31.12.2017 beihilferechtlich genehmigt. Für einen Großteil der Bestimmungen hat die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung heute erneut erteilt.

  • Bestandsanlagen: Für Bestandsanlagen zur Eigenversorgung gilt weiterhin die vollständige Befreiung von der EEG-Umlage.
  • Modernisierung von Bestandsanlagen: Nach einer Modernisierung fällt bei Bestandsanlagen ab 2018 20% der EEG-Umlage an; bei einer Umstellung von Kohle auf klimafreundlichere Energieträger bleibt es sogar bei der vollständigen Befreiung. In voller Höhe ist die Umlage zu zahlen, wenn die Kapazität der Anlage erweitert wird und nicht nur modernisiert wird.
  • Weitere Bestandsschutzregelungen: Auch die Regelung zur Rechtsnachfolge bei Bestandsanlagen (§ 61f EEG), die Bestandsschutzregelung für Scheibenpachtmodelle (§ 104 Abs. 4 EEG) und den Bestandsschutz für Anfahrts- und Stillstandsstrom in Kraftwerken (§ 104 Abs. 6 EEG) wurden genehmigt.
  • Neue erneuerbare Eigenversorgungsanlagen (d.h. Aufnahme des Betriebs seit August 2014): Ebenfalls entlastet bleiben Neuanlagen, die Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen (§ 61b Nr. 1 EEG). Hiervon profitieren vor allem viele Photovoltaikanlagen auf Gebäuden. Für diese Anlagen hat die Kommission die Befreiungen und Ermäßigungen nicht als EU-Beihilfe erachtet.
  • Neue kleine Anlagen zur Eigenversorgung: Neue kleine Anlagen zur Eigenversorgung mit einer Leistung von bis zu 10 kW sind ebenfalls weiterhin befreit. Die EU-Kommission hat diese Regelung nicht als Beihilfe eingeordnet, weil sie unter die Geringfügigkeitsschwelle fällt.

Für KWK-Neuanlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb genommen wurden, wurde hingegen keine neue Genehmigungsentscheidung getroffen. Damit endet die Privilegierung für diese Anlagen zum 31.12.2017. Statt bislang nur 40%, ist ab dem 1.1.2018 zunächst die volle EEG-Umlage zu zahlen. Es dürfte sich hierbei um über rund 10 000 KWK-Anlagen handeln, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb gegangen sind.

Nachträgliche Heranziehung zum EEG-Belastungsausgleich für 2004 bis 2008

14. Dezember 2017 um 10:53 von

OLG NaumIn einem Berufungsurteil vom 01.12.2017 (Az. 7 U 23/17) hat das OLG Naumburg der Klage eines Übertragungsnetzbetreibers (zunächst dem Grunde nach) stattgegeben, mit welcher für den EEG-Belastungsausgleich der Jahre 2004 bis 2008 noch nachträglich gesetzliche Stromabnahme- und Pflichtvergütungsansprüche gegen einen Letztverbraucherlieferanten geltend gemacht werden.

Der Stromlieferant hatte seinerzeit in der Annahme, die dortige „konzerninterne“ Stromversorgung könne als belastungsfreie Eigenerzeugung gelten, seinen Letztverbraucherabsatz nicht gemeldet. Der ÜNB gab seinerseits an, von den außerhalb der öffentlichen Netze vollzogenen Stromlieferungen jahrelang nichts gewusst zu haben. Im Rahmen der angestrengten Stufenklage sind dem ÜNB bereits Auskunfts- und Testierungsansprüche zuerkannt worden (BGH, Urt. v. 06.05.2015 – VIII ZR 56/14), ehe nun auch in der Leistungsstufe das zugunsten des ÜNB ergangene Grundurteil obergerichtlich bestätigt worden ist.

In dem betreffenden Urteil vom 01.12.2017 nimmt das OLG noch einmal zu folgenden grundlegenden Fragen Stellung:

  • Für das tatbestandsmäßige „Liefern von Strom an Letztverbraucher“ kommt es auf die zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen an, nicht auf die physikalische Abwicklung (S. 25).
  • Eine den Lauf der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen setzt voraus, dass dem ÜNB das konkrete Vertragsmodell bzw. die konkrete Vertragskonstruktion zwischen Stromlieferant und Letztverbraucher bekannt ist (S. 26).
  • Das EEG 2004 stellt keine notifizierungspflichtige Beihilfe i.S.v. Art. 108 AEUV dar, was sich in Abgrenzung zu späteren Gesetzesfassungen und ungeachtet der erstinstanzlichen Rechtsprechung des EuG zum EEG 2012 (Urt. v. 10.05.2016 – T-47/15) insbesondere daraus ergibt, dass die von den ÜNB im Gegenzug zu den Pflichtabnahmemengen vereinnahmten EEG-Vergütungsbeträge – anders als die spätere EEG-Umlage – weder auf einem separaten Konto verwaltet wurden noch einer spezifischen Verwendungsbeschränkung unterlagen (S. 35-37).
  • Ungeachtet der Umstellung auf das rein monetäre EEG-Umlage-System ist ein physikalischer Belastungsausgleich – d.h. durch einen Leistungsaustausch Strom gegen Geld – für die Jahre 2004 bis 20087 weiterhin möglich und zulässig (im Anschluss an OLG Celle, Urt. v. 15.05.2014 – 13 U 153/13). Insbesondere gilt, dass hierfür zwar wegen der verpflichtenden Börsenvermarktung durch die ÜNB keine aktuellen EEG-Wälzungsmengen verwendet werden dürfen, stattdessen aber beliebige sonstige (börsliche oder außerbörsliche Handels‑)Mengen in Betracht kommen (S. 19-21).

Die Revision gegen dieses Urteil vom 01.12.2017 hat das OLG nicht zugelassen. Losgelöst davon steht die (erstinstanzliche) Entscheidung über die Anspruchshöhe aber weiterhin aus – so dass die abschließende gerichtliche Klärung wohl erst erreicht sein wird, wenn in allen vergleichbaren Fällen selbst die kenntnisunabhägige 10-jährige Verjährungsfrist bereits verstrichen ist…