Es bewegt sich doch – Bundeskartellamt ändert seine Marktabgrenzung im Gasbereich

6. November 2014 um 15:45 von

BKartADas Bundeskartellamt hat den Erwerb von weiteren 15,79 % der Anteile an der VNG AG, Leipzig, durch die EWE AG, Oldenburg, freigegeben. Durch diesen Erwerb wird die EWE AG insgesamt 63,69 % der VNG-Anteile halten und damit fusionskontrollrechtlich die alleinige Kontrolle erlangen.

Zwar sind die Entscheidung und deren Begründung bislang noch nicht veröffentlicht; es liegt bislang lediglich eine Presseerklärung des Amtes vor, doch bereits jetzt ist festzustellen, dass die Freigabe des Anteilserwerbs über den Einzelfall hinaus für die Branche von Bedeutung ist.

Das Amt hat sich im Rahmen des Verfahrens mit der sachlichen und örtlichen Abgrenzung der relevanten Märkte im Gasbereich beschäftigt und aufgrund der „positiven wettbewerblichen Entwicklung im Gasbereich“ seine bisherige Abgrenzung geändert. Tendenzen dazu waren bereits in einigen anderen Verfahren in der Vergangenheit erkennbar gewesen, doch hat das Amt eine tatsächliche Änderung seiner Marktabgrenzung offen gehalten.

Ausweislich der Presseerklärung stellt das Amt nunmehr Folgendes fest:

  • Die Marktmacht der deutschen Ferngasgesellschaften hat sich vor allem zu den ausländischen Gasproduzenten verschoben, namentlich Gazprom und Statoil. Gasproduzenten seien auch immer mehr als Händler auf den nachgelagerten Stufen tätig.
  • Die bisherige Unterscheidung zwischen der Belieferung überregionaler Ferngasgesellschaften (1. Stufe) und regionalen Ferngasunternehmen (2. Stufe) wird aufgehoben. Anmerkung: Bislang hat das Amt unter Berufung auf die sog. Staubsaugerbeutel-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vertreten, dass eine separate Erfassung dieser beiden Märkte erforderlich sei. Eine Marktabgrenzung sei nämlich fehlerhaft, wenn sie dazu führt, dass Erzeuger und Verkäufer einer Stufe gestellt werden, obwohl die gesamte gehandelte Ware von den Erzeugern in den Verkehr gebracht worden ist. Zukünftig wird das Amt beide Marktstufen zu einer einheitlichen Gasgroßhandelstufe (für H-Gas und L-Gas) einschließlich der Händler zusammenfassen. Örtlich grenzt das Amt diese Marktstufe bundesweit ab, also weder netz- oder marktgebietsbezogen.
  • Auch der nachgelagerte Markt für die Belieferung von regionalen und lokalen Weiterverteilern, insbesondere Stadtwerken, wird bundesweit abgegrenzt. Auch dies war zwar in der Vergangenheit vom Amt diskutiert, aber im Ergebnis noch offen gehalten worden (vgl. etwa Beschluss vom 20. März 2012 in Sachen Energie Südwest AG, enovos Deutschland AG und anderen, Textziffer 44 ff.).
  • Bei der Belieferung von Haushaltskunden ging das Amt bisher davon aus, dass auf dieser Marktstufe, unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Kunden um grundversorgte Kunden oder Sondervertragskunden handelt, eine netzgebietsbezogene Marktabgrenzung vorzunehmen sei. Im eigenen Netzgebiet nahm das Amt im Regelfall eine marktbeherrschende Stellung des mit dem Netzbetreiber verbundenen Versorgers an. Zukünftig will es hier – wie bereits im Strombereich – differenzieren zwischen Grundversorgungs- und Sondervertragskunden, die jeweils separate sachliche Märkte bilden. Hierfür sprechen nach Ansicht des Amtes Abstände bei den Preisen, Wechselverhalten und Anbieterstruktur. Örtlich grenzt das Amt im Bereich der Sondervertragskunden aufgrund der positiven wettbewerblichen Entwicklung in diesem Bereich den Markt bundesweit ab. Im Bereich der Grundversorgung verbleibt es aber bei der bisherigen netzbezogenen Abgrenzung, bei der jeder Grundversorger in seinem Gebiet ein Monopol habe.

Für die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen bedeutet die neue Abgrenzung des Amtes im Bereich der Sondervertragskunden, dass eine marktbeherrschende oder marktstarke Stellung eines Energieversorgers aufgrund der größeren geographischen Ausdehnung des sachlichen Marktes und der größeren Anzahl der Marktteilnehmer – natürlich vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfall  – auch unter Berücksichtigung sonstiger, insbesondere der in § 18 Abs. 3 GWB genannten Faktoren, häufig nicht mehr gegeben sein dürfte. Ist dies der Fall, fehlt es an der Anwendungsvoraussetzung der entsprechenden Normen des GWB. Anders sieht es im Bereich der Grundversorgung aus. Der Grundversorger unterliegt als Marktbeherrscher oder – wie das Amt schreibt – als Monopolist nach wie vor den Vorschriften über die Missbrauchsaufsicht, insbesondere der kartellrechtlichen Preishöhenkontrolle.

Quo vadis? – EuGH erklärt Preisanpassungen nach GVV für europarechtswidrig

23. Oktober 2014 um 14:24 von

road-block-453151_640Heute hat der Gerichtshof der Europäischen Union sein Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-359/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2011, VIII ZR 71/10) und C-400/11 (Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2011, VIII ZR 211/10) verkündet. Gegenstand beider Rechtssachen waren Fragen zum deutschen Preisänderungsrecht gegenüber Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht mit Gas oder Strom beliefert werden und deren Belieferung sich deshalb nach der AVBGasV, der AVBEltV bzw. deren Nachfolgeregelung StromGVV richtete. Demgemäß war das Recht der Versorger (§ 4 Abs. 1 AVBGasV, § 5 Abs. 2 StromGVV) vorgesehen, die Strom- oder Gaspreise einseitig zu ändern, ohne den Anlass, die Voraussetzungen oder den Umfang der Änderungen anzugeben. Es war aber sichergestellt, dass die Kunden über die Preiserhöhung benachrichtigt wurden und den Vertrag gegebenenfalls kündigen konnten. Der Bundesgerichtshof hatte mit den genannten Vorlagebeschlüssen dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, inwieweit eine solche Regelung den sich aus der sog. Stromrichtlinie 2003/54/EG und der sog. Gasrichtlinie 2003/55/EG ergebenden Transparenzanforderungen genüge, zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Verstoß gegen die „Stromrichtlinie“ 2003/54/EG und gegen die „Gasrichtlinie“ 2003/55/EG gegeben.

Zur Gewährleistung des sich aufgrund der Richtlinien ergebenden hohen Verbraucherschutzes müsse den Kunden nicht nur das Recht eingeräumt werden, sich im Fall von Preisänderungen aus dem Liefervertrag zu lösen, sondern auch die Befugnis, gegen die Preisänderung vorzugehen. Die Möglichkeit der Wahrnehmung dieser Rechte und einer Entscheidung über die Lösung vom Vertrag oder eines Vorgehens gegen die Preiserhöhung in voller Sachkenntnis setzt nach Meinung des Gerichtshofs der Europäischen Union voraus, dass der unter die allgemeine Versorgungspflicht fallende Kunde rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert wird. Da dies in den genannten Verordnungen nicht vorgesehen sei, verstoßen sie gegen die zitierten Richtlinien der Europäischen Union.

Eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils lehnt der Gerichtshof der Europäischen Union ab, da insbesondere nicht dargelegt worden sei, dass die Infragestellung der Rechtsverhältnisse, deren Wirkung sich in der Vergangenheit erschöpft habe, rückwirkend die gesamte Branche der Strom- und Gasversorgung in Deutschland erschüttern würde. Die Auslegung der genannten Richtlinien gilt somit für alle in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich erfolgten Änderungen.

Man darf gespannt sein, welche konkreten Auswirkungen das Urteil auf die nationale Rechtsanwendung entfalten wird.

Mitmieter müssen auch mithaften! – Update zum konkludenten Vertragsschluss durch Energieentnahme

28. Juli 2014 um 07:15 von

bgh_front2Inzwischen ist die bereits angekündigte Entscheidung des BGH in dem Verfahren VIII ZR 313/13 zu der Frage, mit wem ein Vertrag durch die Entnahme von Energie zustande kommt, wenn ein schriftlicher Vertrag nicht geschlossen wurde und das versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet ist, ergangen. Und dies mit einem (mehr oder weniger) erstaunlichen Ergebnis!

Mit Urteil vom 22.07.2014 hat der BGH entschieden, dass Mieter, die den Mietvertrag mitunterschrieben haben, selbst dann für die an der Anschlussstelle entnommene Energie haften, wenn sie selbst nie in dem Haus oder der Wohnung gelebt und keine Energie entnommen haben.

In dem vom BGH nun entschiedenen Fall nahm ein Versorgungsunternehmen die Beklagte als Mitmieterin eines Einfamilienhauses auf Zahlung von ca. 7.000,00 € für in den Jahren 2005 bis 2008 gelieferte Gasmengen in Anspruch. Die Beklagte hatte jedoch nie in dem Haus gelebt und soll noch nicht einmal Schlüssel dazu besessen haben. Das Haus wurde während des gesamten Zeitraums allein von ihrem (Ex-)Mann bewohnt. Da die Beklagte als Beamtin gut verdiente, hatte sie den Mietvertrag des Mannes aus „Bonitätsgründen“ mitunterschrieben. Diese Unterschrift ist ihr nun teuer zu stehen gekommen, denn der BGH hat der Zahlungsklage des Versorgungsunternehmens, die von der Berufungsinstanz (KG Berlin, Urteil vom 10.10.2013 – 22 U 233/12) noch abgewiesen wurde, stattgegeben.

In seiner Pressemitteilung (Nr. 116/2014) hat der BGH hierzu bekannt gegeben, dass sich das Angebot des Versorgungsunternehmens auf Abschluss eines Versorgungsvertrages, die Realofferte, typischerweise an denjenigen richtet, der nach außen erkennbar die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Hierbei komme es nicht maßgeblich auf die Eigentümerstellung an, sondern auf die Zugriffsmöglichkeit auf den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt. Im Falle eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks stehe die tatsächliche Verfügungsgewalt den Mietern zu. Mangels anderer Anhaltspunkte richte sich deshalb auch die Realofferte des Versorgungsunternehmens regelmäßig an sämtliche Mieter.

Nimmt einer der Mieter das Angebot des Versorgungsunternehmens durch sozialtypisches Verhalten (Energieentnahme) an, schließt er dadurch sowohl für sich selbst als auch, wenn auch nicht explizit, sondern abermals konkludent, im Wege der Stellvertretung – jedenfalls kraft Duldungsvollmacht – für die anderen Mitmieter einen Versorgungsvertrag ab.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte es geduldet, dass ihr Mann alleine in das gemeinsam gemietete Haus einzog. Dabei hätte ihr klar sein müssen, dass die Nutzung des Hauses auch zwingend die Benutzung der Heizung bedeutete und ihr Mann durch die Entnahme des Gases einen Versorgungsvertrag mit dem Gaslieferanten schloss. Indem sie dies duldete, kam auch zwischen ihr und dem Versorgungsunternehmen ein Vertragsverhältnis zustande, aufgrund dessen das Versorgungsunternehmen nun die Zahlung des Entgelts für die gelieferten Gasmenge in Höhe von fast 7.000,00 € von der Beklagten verlangen kann.

Die Entscheidung des BGH vom 22.07.2014 ist insoweit erstaunlich, als der BGH zuletzt in seiner Entscheidung vom 02.07.2014 (VIII ZR 316/13) noch stark darauf abgestellt hatte, wer tatsächlich Zugriff auf den Anschluss und die Energie verbraucht hatte. In der Entscheidung vom 22.07.2014 hatte die Beklagte jedoch tatsächlichen keinen Zugriff auf den Anschluss. Zudem wurde die Duldungsvollmacht aus Vertrauensschutzgedanken entwickelt. Der Vollmachtgeber muss den Anschein der Bevollmächtigung gegenüber demjenigen verantworten, der darauf gutgläubig vertraut hat. Ob diese Voraussetzungen im Falle der Beklagten gegenüber dem Versorgungsunternehmen tatsächlich vorliegen, erscheint zumindest zweifelhaft. Es bleibt daher abzuwarten, was der BGH hierzu in seinen Urteilsgründen, die noch nicht veröffentlicht sind, ausführen wird. Eine tatsächliche „Präzisierung“ der Rechtsprechung in diesem Bereich, wie der BGH es selbst in seiner Pressemitteilung angab, ist mit diesem Urteil jedenfalls nicht erreicht worden.

Verbraucher sollen gläserne Stromrechnung bekommen – oder wäre weniger vielleicht doch mal mehr?

17. Juli 2014 um 11:09 von

DSC_0196Diese (Titel der heutigen Welt im Internet) oder ähnliche Schlagzeilen liest man heute reihenweise. Wirtschaftsminister Gabriel plant eine transparente Stromrechnung, die eine genaue Auflistung über den Anteil von Stromsteuer und EEG-Umlage enthalten soll. Der Entwurf zur „Verordnung zur transparenten Ausweisung staatlich oder regulatorisch gesetzter Preisbestandteile in der Strom- und Gasgrundversorgung“ sei bereits mit dem Justizministerium abgestimmt und befinde sich zur Abstimmung bei den Ländern und Interessenverbänden, zitiert die Welt den Wirtschaftsminister.

War da nicht schon mal was? Ach ja, § 40 EnWG. Rechnungen eines Energieversorgers müssen einfach und verständlich sein. Dies erreicht man nach dem bisherigen Verständnis des Gesetzgebers, indem man neben Namen, ladungsfähiger Anschrift und zuständigem Registergericht sowie Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post, zur Angabe folgender Dinge verpflichtet:

  • die Vertragsdauer, die geltenden Preise, den nächstmöglichen Kündigungstermin und die Kündigungsfrist,
  • die für die Belieferung maßgebliche Zählpunktbezeichnung und die Codenummer des Netzbetreibers,
  • den ermittelten Verbrauch im Abrechnungszeitraum und bei Haushaltskunden Anfangszählerstand und den Endzählerstand des abgerechneten Zeitraums,
  • den Verbrauch des vergleichbaren Vorjahreszeitraums,
  • bei Haushaltskunden unter Verwendung von Grafiken darzustellen, wie sich der eigene Jahresverbrauch zu dem Jahresverbrauch von Vergleichskundengruppen verhält,
  • die Belastungen aus der Konzessionsabgabe und aus den Netzentgelten für Letztverbraucher und gegebenenfalls darin enthaltene Entgelte für den Messstellenbetrieb und die Messung beim jeweiligen Letztverbraucher sowie
  • Informationen über die Rechte der Haushaltskunden im Hinblick auf Streitbeilegungsverfahren, die ihnen im Streitfall zur Verfügung stehen, einschließlich der für Verbraucherbeschwerden nach § 111b einzurichtenden Schlichtungsstelle und deren Anschrift sowie die Kontaktdaten des Verbraucherservice der Bundesnetzagentur für den Bereich Elektrizität und Gas

Hinzu kommt die Stromkennzeichnung nach § 42 EnWG, nach dem zusätzlich informiert werden muss über:

  • den Anteil der einzelnen Energieträger (Kernkraft, Kohle, Erdgas und sonstige fossile Energieträger, erneuerbare Energien, gefördert nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, sonstige erneuerbare Energien) an dem Gesamtenergieträgermix, den der Lieferant im letzten oder vorletzten Jahr verwendet hat; spätestens ab 1. November eines Jahres sind jeweils die Werte des vorangegangenen Kalenderjahres anzugeben
  • Informationen über die Umweltauswirkungen zumindest in Bezug auf Kohlendioxidemissionen (CO2-Emissionen) und radioaktiven Abfall, die auf den in Nummer 1 genannten Gesamtenergieträgermix zur Stromerzeugung zurückzuführen sind

Auf die Darstellung weiterer Untergliederungen und Vorgaben zur Darstellung in den Rechnungen wird an dieser Stelle verzichtet. Denn auch ohne eine vollständige Wiedergabe aller Anforderungen an eine Rechnung eines Energieversorgungsunternehmens wird man diskutieren können, inwieweit dem Kunden derzeit schon eine gläserne Rechnung aufgezwungen wird. Aber was soll das Nachvollziehen einer Rechnung (noch) leichter machen; das man zudem in einer (weiteren) Verordnung regeln muss?

Angedacht sind Ergänzungen in den jeweiligen Grundversorgungsverordnungen Strom und Gas, nach denen (zusätzlich) folgende Preisbestandteile auszuweisen sein sollen:

Ergänzende Vorgaben zur Art der Veröffentlichung und Darstellung fehlen natürlich auch hier nicht.

In der Begründung zum Verordnungsentwurf liest man, dass der Grundversorger bisher nicht verpflichtet sei, die in die Kalkulation des Grundversorgungspreises eingeflossenen gesetzlich oder durch den Netzzugang veranlassten Kostenbelastungen auszuweisen. Aha, dem wird man ketzerisch entnehmen dürfen, dass die §§ 40 und 42 des EnWG nicht für Grundversorger gelten. Denn Redundanzen sind sicherlich nicht angedacht.

Weiter liest man, dass sich der Kunde zwar die einzelnen Bestandteile des ihm gegenüber ausgwiesenen Brutto-Endbetrags zusammensuchen könne, ihm aber eben nicht ohne nähere Nachforschungen deutlich werde, in welchem Umfang und in welcher Höhe dem Grundversorger entsprechende Kostenbelastungen entstehen. Gut, dass die Preisangabenverordnung (§ 3) zur Bündelung all dieser Informationen vor Vertragsschluss verpflichtet, damit der Kunde sich den Brutto-Preis nicht zusammenrechnen muss.

Im Übrigen: Eine Angleichung bzw. Harmonisierung der einschlägigen Bestimmungen im EnWG und in der Preisangabenverordnung sind nicht angedacht.

Man darf gespannt sein, was dabei am Ende des Tages herauskommt. Hoffen wir, dass der Versuch gelingt, mehr Transparenz statt weiterer Verwirrung zu schaffen. Denn es soll auch schon Leute gegeben haben, die gegen die Rechnungen eines Energieversorgers geklagt haben, weil sie die – wohlgemerkt: den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden – Pflichtangaben auf der Rechnung nicht verstanden haben. Interessant bleibt jedenfalls, wie viel Verordnung nötig sein wird, um beim Kunden Klarheit und Transparenz zu schaffen.

Zum konkludenten Vertragsschluss durch Energieentnahme (BGH, Urteil vom 02.07.2014 – VIII ZR 316/13)

4. Juli 2014 um 14:14 von

bgh_front2Wie bereits in unserem Blog-Beitrag vom 03.07.2014 angekündigt, hat sich der Bundesgerichtshof am 02.07.2014 mit der Frage beschäftigt, mit wem ein Vertrag durch die Entnahme von Energie zustande kommt, wenn ein schriftlicher Liefervertrag nicht abgeschlossen worden und das mit Energie versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet ist.

In dem Verfahren VIII ZR 316/13 begehrte die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, von dem Beklagten als Grundstückseigentümer die Vergütung für gelieferte Strommengen in Höhe von insgesamt 32.539,09 €. Der Eigentümer hatte im streitgegenständlichen Zeitraum das Grundstück an seinen Sohn verpachtet, der dort eine Pizzeria betrieb und erhebliche Mengen an Strom verbrauchte. Der Sohn und Pächter hat jedoch weder einen schriftlichen Stromversorgungsvertrag mit der Klägerin geschlossen, noch hat er dieser überhaupt angezeigt, dass er tatsächlich den Strom verbrauchte.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 02.07.2014 hat der VIII. Zivilsenat die Klage des Versorgungsunternehmens gegen den Grundstückseigentümer abgewiesen und entschieden, dass der Pächter und nicht der Beklagte als Eigentümer des Grundstücks für die entnommenen Strommengen in Anspruch zu nehmen ist. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten kein Energieversorgungsvertrag bestand. Dieser war vielmehr mit dem Pächter des Grundstücks und der Klägerin zustande gekommen, da sich die Realofferte des Energieversorgungsunternehmens typischerweise an denjenigen richtet, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Hierbei kommt es nach dem Bundesgerichtshof nicht auf die Eigentümerstellung, sondern auf die hierdurch vermittelte Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss an. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall übte nach Auffassung des Senats der Pächter des Grundstücks die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss aus und sei deshalb als Adressat des Vertragsangebots der Klägerin anzusehen. Die an ihn gerichtete Realofferte habe er auch konkludent durch die Entnahme des Stroms angenommen. Vertragspartner der Klägerin war daher nach Ansicht des Bundesgerichtshofs der Pächter des Grundstücks und nicht der Beklagte als Eigentümer, obwohl der Pächter gegenüber der Klägerin (vermutlich) noch nicht einmal in Erscheinung getreten war.

An diesem Ergebnis änderte auch die von der Klägerin behauptete, geringfügige und kurzfristige Energieentnahme durch den Beklagten im Zeitraum zwischen dem Eigentumserwerb des Beklagten und der Übergabe des Grundstücks an den Pächter nichts. Derartig kurzfristige und geringfügige Energieentnahmen seien unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen an stabilen Vertragsbeziehungen zu vernachlässigen, so der Bundesgerichtshof in seiner Pressemitteilung Nr. 106/14 vom 02.07.2014.

In dem parallelen Revisionsverfahren VIII ZR 313/13 hat der Bundesgerichtshof dagegen noch kein Urteil verkündet, sondern hat dies erst für den 22.07.2014 angekündigt. Ob der Bundesgerichtshof in diesem Fall, in dem eine Mitmieterin zu keiner Zeit selbst im Mietobjekt gewohnt hat, anders entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Sobald uns hierzu nähere Informationen vorliegen, werden wir selbstverständlich in unserem Blog wieder darüber berichten.