(Zu) Hohe Hürden für die Kündigung eines wettbewerblichen Messtellenbetreibers (wMSB)
Am 19.09.2024 hat sich wohl erstmals ein Oberlandesgericht mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen der von der Bundesnetzagentur (BNetzA) vorgegebene Messstellenbetreiber-Rahmenvertag (MSB-RV) seitens der Netzbetreiberin aus wichtigem Grund gekündigt werden kann.
Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens hat der 5. Kartellsenat des OLG Düsseldorf (VI-5 W 3/24 [Kart]) einer Netzbetreiberin untersagt, die Zähler eines wMSB auszubauen und die Kunden über die Übernahme des Messstellenbetriebs durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber zu informieren. Die Netzbetreiberin hatte den MSB-RV außerordentlich gekündigt, weil der Messstellenbetreiber über mehrere Jahre immer wieder die von der BNetzA festgelegten Wechselprozesse im Messwesen (WiM) nicht eingehalten hatte.
Beanstandet wurden über lange Zeiträume u.a. die fehlende oder nicht fristgerechte Übermittlungen der Messwerte von RLM-Zählern und intelligenten Messsystemen, deren (Lastgang-)Daten täglich an die Netzbetreiberin übermittelt und spätestens am 9. Tag des Folgemonats vollständig vorliegen müssen, um die Lieferanten- und Netznutzungsabrechnung zu ermöglichen.
In erster Instanz hatte das Landgericht den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung noch mit der Begründung zurückgewiesen, dass der wMSB den hohen gesetzlichen Anforderungen an einen zuverlässigen Messstellenbetrieb nicht gerecht geworden war, weil er teilweise über Monate hinweg gerügte Mängel einer nicht unerheblichen Zahl von Messeinrichtungen oder fehlerhafte bzw. unvollständige Messdaten nicht nachgebessert oder Störungen beseitigt hatte.
Das OLG Düsseldorf hingegen erließ die begehrte Unterlassungsverfügung, weil einzelne bemängelte Pflichtverletzungen im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr vorlagen, es bei einzelnen Pflichtverletzungen an dem erfolglosen Ablauf einer zur Abhilfe gesetzten Frist bzw. einer Abmahnung mangelte und die jeweilig verbliebenen Pflichtverletzungen nicht als schwerwiegend im Sinne der vertraglichen Kündigungsvoraussetzungen zu bewerten seien.
Nach Ansicht des Gerichts seien in der Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen keine geringen Anforderungen an „schwerwiegende Vertragsverstöße“ gegen „wesentliche Vertragsregelungen“ zu stellen, da ansonsten der vom Gesetzgeber gewünschte Wettbewerb unterlaufen werde.
Vor dem Hintergrund solch hoher Hürden bedarf es seitens der Netzbetreiber bereits im Vorfeld einer äußerst sorgfältigen Vorbereitung einer Kündigung aus wichtigem Grund, wenn wettbewerbliche Messtellenbetreiber die vorgegebenen Marktkommunikationsprozesse dauerhaft missachten. Im Zweifel muss versucht werden, solche Zuwiderhandlungen auch in Wege von Aufsichtsmaßnahmen der Bundesnetzagentur nach § 76 MsbG fest- und abstellen zu lassen.