OLG Düsseldorf: Zur Belieferung von Gewerbekunden in der Grundversorgung
Das OLG München hatte bereits mit Urteil vom 06.06.2018 (Az. 7 U 3836/17) entschieden, dass auch ein Gewerbetreibender, der mehr als 10.000 kWh Strom im Jahr verbraucht, unter bestimmten Umständen als Haushaltskunde gemäß § 3 Nr. 22 EnWG qualifiziert und daher in der Grundversorgung mit Strom beliefert werden kann.
Dieser Rechtsauffassung hat sich das OLG Düsseldorf nunmehr mit Urteil vom 16.12.2020 (Az. I-27 U 18/19) angeschlossen. Wenn der Versorger den Jahresverbrauch des Kunden nicht kenne, könne der Kunde auch nicht davon ausgehen, dass die Realofferte des Versorgers auf eine Belieferung außerhalb der Grundversorgung gerichtet sei. Insbesondere müsse sich der Versorger auch nicht an den Abnahmemengen vorheriger Nutzer der Verbrauchsstelle orientieren. Der Empfänger einer Erklärung dürfe der Erklärung nicht unbesehen den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Vielmehr sei er nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbarer Umstände zu prüfen, was der Erklärende gemeint habe. Letztlich sei der Versorger auch nicht gemäß § 242 BGB dazu verpflichtet, das für die Stromlieferung zu entrichtende Entgelt auf Basis eines Sonderkundentarifs neu zu berechnen, wenn sich die ursprüngliche Einordnung des Letztverbrauchers nach Mitteilung der tatsächlichen Verbrauchsmengen durch den Netzbetreiber als unzutreffend herausstelle.
Die Argumentation des OLG Düsseldorf überzeugt. Für die Auslegung einer Willenserklärung ist der Zeitpunkt ihrer Abgabe maßgeblich. In Fällen eines konkludenten Abschlusses eines Stromliefervertrages ist dies die Zurverfügungstellung des Stromanschlusses durch den Grundversorger. Zu diesem Zeitpunkt werden dem Grundversorger die jährlichen Bezugsmengen des Kunden in den meisten Fällen aber nicht bekannt sein. Sofern sich der jeweilige Kunde nicht um den Abschluss eines Sondervertrages bemüht, dürfte der Abschluss von Grundversorgungsverträgen also auch bei Gewerbekunden den Regelfall darstellen.