OVG Münster bestätigt Verfassungskonformität der Plangenehmigung nach § 43b Nr. 2 Satz 2 EnWG

17. September 2013 um 08:00 von

OVG-350-srDas OVG Münster (Az.: 11 D 118/10.AK) hatte über die Rechtmäßigkeit einer Plangenehmigung aus dem Jahr 2009 für die Erneuerung und Erweiterung einer 110-kV-Freileitung zu befinden. In seiner Entscheidung vom 06.09.2013 weist der Senat die in der Literatur geäußerte Kritik an der Verfassungsmäßigkeit der Möglichkeit eines mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung versehenen Plangenehmigungsverfahrens nach § 43b Nr. 2 Satz 2 EnWG zurück, wonach eine unmittelbare Beteiligung der Betroffenen bei nur unwesentlicher Beeinträchtigung nicht erforderlich ist. Der Umstand, dass im Plangenehmigungsverfahren eine förmliche Anhörung mit Planauslegung, Einwendungsmöglichkeiten und Erörterungstermin nicht stattfindet, sei unschädlich. Denn als Korrektiv stünde das im Planungsrecht geltende Gebot der gerechten Abwägung der privaten Belange betroffener Dritter zur Verfügung. Überdies werde der gerichtliche Rechtsschutz durch diese Verfahrensart nicht beschnitten. Schließlich bestünden seitens der höchstrichterlichen Rechtsprechung gegen ähnliche Beschleunigungsgesetze des Fachplanungsrechts ebenfalls keine Bedenken.

Darüber hinaus hatte sich das OVG Münster unter anderem mit der Verfristung und Verwirkung des Klagerechts, formalen Verfahrensfehlern sowie immissionsschutz- und abwägungsrechtlichen Belangen auseinanderzusetzen. Dabei bescheinigte der Senat der plangenehmigenden Bezirksregierung Arnsberg unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 22.07.2010, Az.: 7 VR 4.10) eine abwägungsfehlerfreie Anwendung des Bündelungsgebots. Ferner hätten sich auch bestimmte Alternativtrassen, die neue Eingriffe in Rechte Dritter und Natur zur Folge gehabt hätten, gegenüber der bereits vorhandenen Trasse nicht aufgedrängt. Damit gibt auch das OVG Münster dem Grundsatz der Nutzung bereits vorhandener Trassen den Vorzug vor gänzlichen Neuplanungen.

Es ist nie zu spät…

29. August 2013 um 10:14 von

IMG_0099…meint offenbar die Saint-Gobain-Gruppe, die derzeit eine Reihe von Netzbetreibern mit Rückforderungsklagen wegen angeblich überhöhter Netzentgelte seit dem Jahr 2002 überzieht. Dabei soll die dreijährige Verjährungsfrist offenbar dadurch umgangen werden, dass man nicht eine unbillige Festsetzung der Netzentgelte geltend macht, sondern sich auf kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen beruft. Es ist aber zweifelhaft, ob kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen überhaupt zur Anwendung kommen und, wenn ja, wie Saint-Gobain der Darlegungs- und Beweislast nachkommen will. Denn die Grundsätze, die von der Rechtsprechung in den diversen Verfahren zu § 315 BGB entwickelt worden sind, dürften nicht ohne weiteres übertragbar sein. Zudem ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Rückforderung von Netzentgelten im sog. Mehrerlös-Zeitraum zwischen der erstmaligen Beantragung und dem Erlass der ersten Netzentgeltgenehmigung nach § 23a EnWG überhaupt nicht und danach in den Zeiten aufsichtsbehördlich genehmigter Netzentgelte allenfalls in strengen Ausnahmen möglich.

Fehlerhafter Strom? LG Berlin zu § 18 NAV und zum ProdHaftG

22. Juli 2013 um 10:25 von

Strommast Ausschnitt grauUnser Kooperationspartner Dr. Hempel machte uns freundlicherweise auf eine Entscheidung des LG Berlin vom 21.12.2012 aufmerksam:

Der Kläger hatte Schadenersatzklage gegen den Netzbetreiber nach einem Kurzschluss im öffentlichen Netz erhoben. Das LG Berlin wies die Klage ab. Es arbeitete zunächst zutreffend heraus, dass die Beweislastumkehr in § 18 NAV allein das Verschulden betrifft, nicht aber die Frage, ob der Netzbetreiber fehlerhaft gehandelt hat. Dies muss ebenso wie die Kausalität zwischen Pflichtwidrigkeit und Schaden nach den allgemeinen Regeln vom Anspruchsteller bewiesen werden. Sieht man sich den Wortlaut des § 18 NAV an, sind die Ausführungen des LG Berlin an sich eine Selbstverständlichkeit. Dennoch wird vielfach versucht, die Beweislastumkehr des § 18 NAV in unzulässiger Weise auszudehnen. Von daher trägt das Urteil des LG Berlin zur Rechtsklarheit bei.

Interessant sind auch die Ausführungen am Ende des Urteils zum Produkthaftungsgesetz. Ansprüche werden kurz und knapp damit abgelehnt, dass der Netzbetreiber nicht Hersteller der Elektrizität ist. Das ist für sich genommen richtig; zugleich kann man aber „dem Hersteller“ (welchem der zahlreichen Kraftwerksbetreibern eigentlich?) nach dem Produkthaftungsgesetz nicht die Verantwortung für einen Kurzschluss im Netz aufbürden. Man kommt dann zu der fast schon rechtsphilosophisch anmutenden Frage, ob es fehlerhaften Strom überhaupt geben kann. Damit haben sich schon im Zusammenhang mit den BGB-Gewährleistungsansprüchen Rossel/Schöne in ET 2004, 113 auseinandergesetzt. Zur Info: Mit der Frage, wie das ProdHaftG praxistauglich auf das Produkt Elektrizität anzuwenden ist, wird sich demnächst auch der BGH befassen. Man darf gespannt sein …

Aktuell:

In einem vergleichbaren Fall wird nunmehr am 25.02.2014 der BGH über die Haftung eines Netzbetreibers nach dem Produkthaftungsgesetz wegen fehlerhaften Stroms verhandeln. Das LG Wuppertal hatte als Berufungsgericht dem klagenden Netzkunden Recht gegeben und den Netzbetreiber wegen der Herstellung eines fehlerhaften Produkts zu Schadensersatz verurteilt.

 

Durchsetzung der Duldungsansprüche nach § 12 NAV

18. Januar 2013 um 17:29 von

Bei der Erneuerung und Erweiterung von Verteilernetzanlagen kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten in der Abstimmung mit den jeweiligen Grundstückseigentümern, die nach § 12 NAV verpflichtet sind, Anlagen des örtlichen Verteilernetzbetreibers zu dulden. Oftmals wird trotz mehrfacher Versuche einer gütlichen Einigung der Zutritt zum Grundstück verweigert, so dass die geplanten Projekte nicht zeitnah umgesetzt werden können. In diesen Fällen verbleibt keine andere Möglichkeit, als den Klageweg zu beschreiten. (…)