Grenzpreis Strom für das Jahr 2022 voraussichtlich bei 21,04 ct/kWh

10. Januar 2024 um 09:00 von

Nach einer erklärtermaßen noch vorläufigen Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes liegt der maßgebliche Grenzpreis Strom gem. § 2 Abs. 4 KAV für das Jahr 2022 bei 21,04 ct/kWh. Wesentliche Änderungen bei endgültiger Bekanntgabe des Grenzpreises sind nicht zu erwarten.

Die drastischen Preissteigerungen bei Strom im Jahr 2022 schlagen sich damit auch im Grenzpreis nieder. Gegenüber dem Jahr 2021 hat sich der Grenzpreis um knapp 5 ct/kWh erhöht; im Zehnjahreszeitraum hat sich der Wert knapp verdoppelt.

Der Grenzpreis des Jahres 2022 ist maßgeblich für die Berechnung der Konzessionsabgabe auf Stromlieferungen im laufenden Kalenderjahr 2024. Da die Strompreise inzwischen wieder gesunken sind, könnte es im laufenden Kalenderjahr sein, dass wesentlich mehr Letztverbraucher als üblich zu Konditionen unterhalb des maßgeblichen Grenzpreises von (derzeit) 21,04 ct/kWh beliefert werden. Damit wären im Kalenderjahr 2024 mehr Stromlieferungen als in den Vorjahren konzessionsabgabenfrei.

Für Netzbetreiber empfiehlt sich, für eine sorgfältige Testierung von Grenzpreis-Unterschreitungen Sorge zu tragen, um mögliche Konzessionsabgabenausfälle bei der Abrechnung der Konzessionsabgaben für 2024 gegenüber der Kommune legitimieren zu können.

OLG Hamm mit lehrreicher Entscheidung zu Messung und Energievertrieb

20. Oktober 2023 um 09:00 von

Mit Urteil vom 15.06.2023 (Az. 2 U 179/21) hat das Oberlandesgericht Hamm im Rahmen eines Berufungsverfahrens über einen Fall mit einigen für das Vertriebsrecht interessanten Fragestellungen entschieden. Ein Energieversoger hat einen größeren Industriekunden mit Strom beliefert und aufgrund eines Fehlers des Messstellenbetreibers bei der Verarbeitung der Messwerte über Jahre einen deutlich zu niedrigen Stromverbrauch abgerechnet. Nachdem der Fehler auf Seiten des Messstellenbetreibers aufgefallen war, hat der Energieversorger Korrekturrechnungen gegenüber dem Kunden ausgestellt, die mit einer hohen Nachforderung endeten. Der Kunde hat keine Zahlungen an den Versorger geleistet und sich hierbei neben verschiedenen anderen Einwänden u.a. auf die dreijährige Ausschlussfrist aus § 18 Abs. 2 Hs. 2 StromGVV bzw. einer dieser Regelung nachgebildeten Klausel aus den AGB des Liefervertrages berufen. Außerdem hat er für den Fall einer Stattgabe der Klage widerklagend Schadensersatzansprüche geltend gemacht und zur Begründung angeführt, dass ihm bei einer rückwirkenden Abrechnung des höheren Stromverbrauchs wegen der inzwischen abgelaufenen Antragsfristen energie- und steuerrechtliche Privilegierungen in Form einer Reduzierung der EEG-Umlage (im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung) und der Stromsteuer entgehen würden.

Das Oberlandesgericht Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Arnsberg, mit der der Klage des Versogers in überwiegendem Umfang stattgegeben und die (hilfsweise) Widerklage abgewiesen wurde, bestätigt. Es hat die AGB-rechtliche Zulässigkeit der die Regelung aus § 18 Abs. 2 Hs. 2 StromGVV nachbildenden Klausel bestätigt und sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beginn und zur Berechnung der Ausschlussfrist angeschlossen. Die Frist werde von dem Zeitpunkt an zurückgerechnet, in welchem der Kunde von der Möglichkeit, wegen eines Berechnungsfehlers in Anspruch genommen zu werden, aufgrund eigener Feststellungen oder durch Mitteilung des Versorgungsunternehmens jedenfalls dem Grunde nach Kenntnis erlangt habe. Dieser Zeitpunkt fordere weder eine positive Kenntnis des Kunden von Einzelheiten des Berechnungsfehlers und des Zeitraums, in dem er sich auswirke, noch von der Höhe etwaiger Nach- oder Rückzahlungen oder auch nur die Gewissheit, dass der Kunde überhaupt nachträglich in Anspruch genommen werde.

Aus Sicht des Oberlandesgerichts sei die Klageforderung auch nicht verjährt. Eine der Regelung aus 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV nachgebildete Klausel aus den AGB des Liefervertrages begegne keinen AGB-rechtlichen Bedenken. Maßgebend für den Beginn der Verjährungsfrist sei nicht der Zeitpunkt, zu dem der Versorger die Fälligkeit durch Vorlage einer Abrechnung hätte herbeiführen können, sondern der Zeitpunkt, an dem die Nachforderungsansprüche fällig würden. Es komme also nicht auf die Ausstellung der ersten, fehlerhaften Rechnungen, sondern auf die Ausstellung der Korrekturrechnungen an. Eine Verwirkung der Klageforderung komme ebenfalls nicht in Betracht. Aus der kommentarlosen Übersendung der fehlerhaften Ursprungsabrechnungen habe der Kunde nicht schließen können, dass der Versorger keine Nachzahlungen im Falle von Berechnungsfehlern erheben würde.

Mit Blick auf die Abweisung der Widerklage des Kunden sind insbesondere die Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm zur Frage der Zurechnung des Verschuldens des Messstellenbetreibers an den Versorger interessant. Aus Sicht des Gerichts handele der Messstellenbetreiber bei der Ermittlung und Verarbeitung der Messwerte nicht als Erfüllungsgehilfe des Versorgers im Sinne von § 278 BGB. Der Messstellbetreiber erfülle mit der Ablesung der Messgeräte und der anschließenden Berechnung des Stromverbrauchs eine eigene Pflicht. Im Übrigen habe der Messstellenbetreiber den Fehler nicht grob fahrlässig verursacht. Er habe einen schlichten, wenngleich ungewöhnlichen Rechenfehler begangen, der sich anschließend unverändert fortgesetzt habe, aber nicht jedem Sachkundigen gleichsam ins Auge habe fallen müssen. Daher könnte sich der Versorger erfolgreich auf die – ebenfalls AGB-rechtlich wirksame – Haftungsbeschränkung aus dem Stromliefervertrag berufen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist rechtskräftig.

Rückbau der Gasnetze – Das Ende der Duldungspflicht?!

30. Mai 2023 um 09:00 von

12 NDAV und schon § 8 AVBGasV verpflichte(te)n im Rahmen der dort genannten Voraussetzungen Anschlussnehmer, das Anbringen und Verlegen von Leitungen nebst Zubehör für die Zwecke der örtlichen Versorgung auf deren Grundstücken unentgeltlich zu dulden. Man spricht von einer Solidargemeinschaft der Anschlussnehmer, die quasi als Gegenleistung für die Möglichkeit des Gasbezugs Gasverteilungsanlagen auf ihren Grundstücken dulden müssen.

Diese Solidargemeinschaft droht nun aufgrund der Wärmewende nach und nach zu zerbrechen, und dies mit erheblichen Folgen. Denn kündigt ein Anschlussnehmer seinen Netzanschlussvertrag und stellt den Gasbezug ein, ist er nach Ablauf einer Übergangsfrist von 3 Jahren nicht mehr gemäß § 12 Abs. 1 NDAV zur Duldung von Netzbestandteilen oder fremden Netzanschlussleitungen auf seinem Grundstück verpflichtet.

Eine Entfernung sämtlicher stillgelegter Gasversorgungsanlagen würde die Gasnetzbetreiber aber nicht nur wirtschaftlich massiv überfordern. Denn darüber hinaus ist der Netzbetreiber gegenüber den verbleibenden Anschlussnehmern weiterhin zur Aufrechterhaltung der Versorgung verpflichtet. Dazu ist die Inanspruchnahme privater Grundflächen oftmals unerlässlich, die Verlegung bestehender Infrastruktur unmöglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten, die am Ende des Tages wiederum von den verbleibenden Gaskunden zu tragen wären, verbunden.

Dieses skizzierte Szenario ist längst kein theoretisches Problem mehr. Die aktuellen Fälle können oftmals noch individuell über den Einwand einer unzumutbaren Kostenbelastung des Netzbetreibers bei Entfernung der Leitungen, Entschädigungszahlungen an den Grundeigentümer oder aber auch über die Verlegung von Versorgungsleitungen gelöst werden. Die Anstrengung von Enteignungsverfahren – soweit überhaupt zulässig – ist wenig praktikabel.

Die steigende Zahl dieser Fälle zeigt aber bereits jetzt, dass solche individuellen Lösungen kein Zukunftsmodell sind. Der Gesetz-/Verordnungsgeber ist gefragt. Eine denkbare Lösung könnte es sein, die zeitliche Befristung einer auf drei Jahre fortbestehenden Duldungspflicht für die Zeit nach Einstellung der Anschlussnutzung in § 12 Abs. 4 NDAV zu streichen. In der Folge würde die Duldungspflicht fortdauern, es sei denn, dass dies dem Grundstückseigentümer im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, die Aufrechterhaltung der Versorgung der andern Anschlussnehmer aber anderweitig sichergestellt werden kann. In letztgenanntem Fall sollte der Anspruch auf Rückbau aber davon abhängig gemacht werden, dass der Grundeigentümer wenigstens einen Teil der Kosten einer Verlegung trägt.

Angesichts der politisch forcierten Wärmewende bleibt nicht mehr viel Zeit, so dass ein schnelles gesetzgeberisches Handeln gefragt ist. Es bleibt zu hoffen, dass es diesem alltäglichen und dem sukzessiven Ausstieg aus der Gasversorgung nachgelagerten Problem nicht an Gewicht fehlt, um überhaupt und schnell genug beachtet zu werden.

Wärmewende – kommunale Wärmeplanung

4. April 2023 um 09:00 von

Lange haben die Koalitionsfraktionen in der vergangenen Woche zum Thema Wärmewende getagt; der Koalitionsausschuss ging schlagzeilenträchtig in die Verlängerung und am Ende wurden die Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, den Einbau neuer Gasheizungen ab 2024 zu verbieten, in ihrer ursprünglichen Rigorosität kassiert. Wie jetzt genau die gefundenen Kompromisse – insb. im Gebäudeenergiegesetz – umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung hält allerdings erklärtermaßen an dem Ziel fest, die Wärmewende deutlich beschleunigen zu wollen.

Zugleich verzögert sich allerdings eines der zentralen Beschleunigungseinstrumente. Schon im vergangenen Sommer hatte das BMWK ein Diskussionspapier vorgelegt, das in ein Gesetz zum kommunalen Wärmeplan münden soll. Ein offizieller Gesetzesentwurf ist allerdings weiterhin nicht bekannt. Nach den vorliegenden Informationen sollen indirekt die Kommunen ab einer bestimmten Mindestgröße verpflichtet werden, kommunale Wärmepläne zu erstellen. Soweit bekannt soll die Mindestgröße bei etwa 10.000 bis 20.000 Einwohnern liegen. Indirekt ist die Verpflichtung deshalb, weil der Bund aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht direkt die Kommunen in die Pflicht nehmen darf. Adressat des zu erwartenden Bundesgesetzes sind damit die Länder, die dann ihrerseits die Kommunen verpflichten müssen. Entsprechende Landesgesetze gibt es bereits in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen.

Die kommunalen Wärmepläne sollen die dezentrale Organisation der Wärmewende erleichtern und dazu beitragen, dass die Besonderheiten vor Ort zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Klimaneutralität angemessen berücksichtigt werden. Ungeachtet des dezentralen Ansatzes stellen sich zahlreiche (Rechts-)Fragen auch auf der Bundesebene, beispielsweise rund um den unvermeidlichen Rückbau der überregional organisierten Gasversorgung. Diese Fragen betreffen u.a. die Finanzierung des schrittweisen Ausstiegs aus der Erdgasversorgung und damit den regulierungsrechtlichen Ordnungsrahmen. Zugleich geht es um die Finanzierbarkeit des Gasnetzbetriebs für die sukzessive weniger werdenden Kunden bis zu einem Ausstieg.

Von daher bedarf es eines planerischen und gesetzgeberischen Miteinander auf allen politischen Ebenen von Bund, Ländern und Kommunen, um die höchst komplexe Mammutaufgabe der Wärmewende bewältigen zu können.

Der Ton macht die Musik – gerade beim Zutritt

16. Februar 2023 um 17:51 von

Sie kennen das Problem: Jeder möchte Strom und Gas zu jeder Zeit verfügbar haben; und das möglichst kostengünstig. Sobald es aber daran geht, einem Nachbarn oder gar einer Person, die man nicht einmal kennt, durch Bereitstellen des eigenen Eigentums die gleichen Möglichkeiten zu eröffnen, fehlen jegliche Bereitschaft und jegliches Verständnis.

Der Teufel steckt aber wie so oft im Detail. Obwohl § 12 NAV/NDAV sowie § 8 AVBFernwärmeV/AVBWasserV nicht übermäßig kompliziert aufgebaut sind, treten trotz einschlägiger Rechtsprechung immer wieder neue Fallstricke auf, die es zu umgehen gilt. Aber ein weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor kommt hinzu: die soziale Komponente. Sobald es an das eigene Eigentum geht, ist die Schwelle der Reizbarkeit äußerst niedrig. Dies gilt auch bei Zutrittsbegehren für Zählerwechsel, wenn etwa die Eichfrist abgelaufen und der Austausch erforderlich ist. Oftmals fehlt bei den betroffenen Anschlussnehmern das Verständnis, warum ausgerechnet jetzt bei Ihnen ein Zählerwechsel erfolgen soll. Nicht minder kompliziert gestaltet sich regelmäßig die Durchsetzung von Zutrittsbegehren aufgrund von notwendig gewordenen Instandsetzungsarbeiten an Leitungsteilen.

Den Unmut der Kunden bekommen die Mitarbeiter vor Ort immer wieder intensiv zu spüren. Deswegen ist es äußerst wichtig, den richtigen Ton zu treffen. Dies gilt auch und vor allem, wenn sich die Einschaltung eines Rechtsbeistandes nicht mehr vermeiden lässt. Ungeschickt formulierte Schreiben eines Rechtsanwalts können die Fronten für langen Zeit verhärten. Dies kann letztlich auch zu Schwierigkeiten im Umgang mit öffentlichen Stellen führen. Einschlägige Erfahrungen zeigen, dass Gerichte umso schneller einen „Schutzreflex“ zu Gunsten des Kunden entwickeln, je schwieriger sich die vorgerichtliche Korrespondenz – durch den Netzbetreiber veranlasst – gestaltet hat. Gleiches gilt gegenüber Vollstreckungsbehörden, falls deren Einschaltung beispielsweise im Anschluss an ein Eilrechtsschutzverfahren erforderlich wird. Daher ist, auch weil man sich zumeist zweimal im Leben sieht, Bedacht in der Ansprache an den Kunden geboten.