Zutritt nicht für „irgendeine Person auf der Straße“ – Bestimmtheit von Zutrittsklagen
Netzbetreiber werden häufig mit dem Problem konfrontiert, dass sie gegen den Willen eines Eigentümers – etwa aufgrund von Infrastrukturbeschädigungen – Zutritt zu einem Grundstück benötigen. Hier stellen sich im Rahmen der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs auf Duldung des Zutritts regelmäßig eine Vielzahl von Fragen. Dies gilt insbesondere für die konkrete Formulierung des Klageantrags. Dabei entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Antrag so bestimmt formuliert werden muss, dass der Duldungspflichtige eindeutig erkennen kann, was er hinzunehmen hat. Neben einer konkreten Benennung des betroffenen Grundstücks sollte daher – soweit möglich – auch immer angegeben werden, zu welchem Zweck der Zutritt erfolgen soll.
In den teilweise unumgänglichen Gerichtsverfahren fordern Duldungsverpflichtete regelmäßig, dass der Klageantrag weiter konkretisiert werden müsse. Besonders beliebt sind dabei insbesondere die Einwände, dass schon im Antrag festgehalten werden müsse, welche Personen das Grundstück zu welcher Zeit betreten sollen.
Diesbezüglich hat das Landgericht Hagen nun mit Urteil vom 16.09.2022 (Az. 7 S 76/21) festgestellt, dass es derartiger Einschränkungen im Rahmen des Klageantrages nicht bedarf.
Denn entgegen der Behauptung des dortigen Duldungsverpflichteten kann ein Netzbetreiber das Urteil nicht „irgendeiner Person auf der Straße“ in die Hand geben, die dann zwangsweise das Grundstück betreten dürfe. Bereits aus § 325 Abs. 1 ZPO folge, dass Urteile lediglich die am Verfahren beteiligten Parteien binden. „Irgendeine Person auf der Straße“ ist aber in aller Regel keine Partei des Verfahrens. Wer was durch wen zu dulden hat, stehe daher von vornherein fest, wobei der Netzbetreiber auch nicht gehalten sei, zu bestimmen, ob er einen eigenen Mitarbeiter entsendet oder einen Subunternehmer. Einer Klarstellung dieser gesetzlichen Offenkundigkeit im Rahmen des konkreten Antrages bedarf es daher nicht.
In zeitlicher Hinsicht – die Grundstückseigentümer äußern regelmäßig die Sorge, dass der Netzbetreiber zur Unzeit das Grundstück betreten und etwaige Arbeiten durchführen könne – stellt das Landgericht Hagen klar, dass eine temporäre Einschränkung nicht die Bestimmtheit des Klageantrages, sondern die Beschränkung des materiell-rechtlichen Anspruchs an sich berühre. Unbeschadet etwaiger materiell-rechtlicher Einwendungen eines Eigentümers spreche aber grundsätzlich das überragende gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Interesse an einer gesicherten und unterbrechungslosen Versorgung, die durch Kabel-/Leitungsschäden gefährdet werden kann, für die Ermöglichung zeitnaher und ohne nötige Einschränkungen durchzuführender Reparaturmaßnahmen. Mit diesem Gedanken sei es nicht vereinbar, wenn die durch die Dienstbarkeiten Berechtigten auf bestimmte Zeiten beschränkt würden, um eine unterbrechungslose Versorgung herzustellen.